Führt eine Abfindung zur Sperrzeit?
Arbeitgeber, die das Arbeitsverhältnis beenden möchten, schlagen dem Arbeitnehmer oft eine Aufhebung gegen die Zahlung einer Abfindung vor. Aber was ist die Folge? Droht bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags eine Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit?
Wann verhängt die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit?
Eine Sperrzeit droht, wenn der Arbeitnehmer „freiwillig“ einen Aufhebungsvertrag unterschreibt ohne einen „wichtigen Grund“ zu haben. Dann wird die Agentur für Arbeit dem Arbeitnehmer vorwerfen, die Arbeitslosigkeit freiwillig in Kauf zu nehmen und Arbeitslosengeld auf Kosten der Arbeitslosenversicherung zu beanspruchen. Kann der Arbeitnehmer dagegen nachweisen, dass er einen „wichtigen Grund“ für den Aufhebungsvertrag hatte, erfolgt keine Sperrzeit. Er erhält unmittelbar im Anschluss an die Kündigungsfrist Arbeitslosengeld.
Was ist ein wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag?
Es reicht schon aus, dass der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass ihm der Arbeitgeber mit einer betrieblichen oder personenbedingten (vor allem krankheitsbedingten) Kündigung ernsthaft gedroht hat, wenn er den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt. Ob die angedrohte Kündigung überhaupt zulässig gewesen wäre, wird von der Agentur für Arbeit nur geprüft, wenn der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, die höher ist als 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr.
Droht der Arbeitgeber nicht mit der Kündigung, liegt ein wichtiger Grund nur ganz ausnahmsweise vor. Beispielsweise wenn der Arbeitgeber insolvent ist oder der den Arbeitnehmer behandelnde Arzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen empfiehlt.
Vorsicht bei Sonderkündigungsschutz
Bei einer einvernehmlichen Beendigung prüft die Agentur für Arbeit auch, ob der Arbeitnehmer freiwillig auf einen möglicherweise bestehenden Sonderkündigungsschutz verzichtet. Dieser kann sich aus einem tarifvertraglichen Alterskündigungsschutz ergeben oder aus einem gesetzlichen Sonderkündigungsschutz, wie z.B. einer Schwerbehinderteneigenschaft. Hier ist Vorsicht geboten. Denn sollte die Agentur für Arbeit annehmen, dass der Arbeitnehmer auf den Sonderkündigungsschutz freiwillig verzichtet, drohen verschiedene Sanktionen. Die Agentur für Arbeit kann eine Sperrzeit verhängen oder aber auch eine sog. Ruhenszeit anordnen.
Was ist der Unterschied zwischen Sperrzeit und Ruhenszeit?
Die Agentur für Arbeit kann eine Sperrzeit verhängen, das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld anordnen oder sogar beides zusammen. Hieraus ergebens sich jeweisl unterschiedliche Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld.
Die Sperrzeit führt zu einer Verkürzung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes. Der Arbeitnehmer erhält also Leistungen nur für einen kürzeren Zeitraum. Das Ruhen des Anspruchs verkürzt war nicht die Anspruchsdauer, verschiebt aber den Beginn der Zahlung. Der Arbeitnehmer erhält Arbeitslosengeld dann erst zu einem späteren Zeitpunkt.
Wie wirkt sich die Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld aus?
Bei einer Sperrzeit erfolgt für die Dauer von 12 Wochen keine Zahlung. Dieser Zeitraum wird gleichzeitig von der Anspruchsdauer abgezogen. Der erste Tag der 12 Wochen beginnt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, also mit dem 1. Tag der Arbeitslosigkeit. In Ausnahmefällen kann eine Sperrzeit auch kürzer ausfallen. Sie beträgt nur drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis sowieso innerhalb von sechs Wochen nach dem vereinbarten Vertragsende geendet hätte, z.B. aufgrund einer Befristung. Sei beträgt nur sechs Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis sowieso innerhalb von 12 Wochen geendet hätte.
Beträgt die Sperrzeit nach dem Gesetz 12 Wochen, verkürzt sich der Anspruch – zusätzlich – mindestens um ¼ der möglichen Bezugsdauer. Das wirkt sich besonders bei älteren Arbeitnehmern aus, die einen längeren Leistungsanspruch aus die üblichen 12 Monaten haben. Hat z.B. ein über 58 Jahre alter Arbeitnehmer einen Leistungsanspruch von 24 Monaten, führt die Sperrzeit zur Verkürzung der Leistungsdauer auf 18 Monate (Kürzung um 1/4 entspricht 6 Monaten). Dabei entfällt das Arbeitslosengeld ab dem ersten Tag zunächst für die Dauer der Sperrzeit von 12 Wochen und zusätzlich erfolgt ein Abzug von weiteren drei Monaten am Ende der Leistungsdauer.
Wie wirkt sich eine Ruhenszeit auf das Arbeitslosengeld aus?
Vereinbart der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber eine Abfindung unter gleichzeitiger Verkürzung der Kündigungsfrist, nimmt die Agentur für Arbeit an, dass sich der Arbeitnehmer mit der Abfindung diese (frühere) Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat „abkaufen“ lassen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer auf seinen Sonderkündigungsschutz verzichtet. Dies führt jeweils zu einer „Anrechnung“ auf das Arbeitslosengeld. Zwar mindert sich dabei weder die Höhe noch die Dauer des Anspruchs auf das Arbeitslosengeld. Das sog. „Ruhen“ des Anspruchs führt aber zu einer zeitlichen Verschiebung. Dann muss der Arbeitnehmer, der mit Abfindung vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, seinen Lebensunterhalt zunächst von dieser Abfindung bestreiten. Für den Zeitraum des Ruhens erhält er – vorläufig – keine Leistungen. Wie lange der Ruhenszeitraum ist, berechnet die Agentur für Arbeit anhand des Lebensalters, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Höhe der Abfindung. Deshalb sollte bei Aufhebungsverträgen die Kündigungsfrist und ein Sonderkündigungsschutz immer beachtet werden.
Läßt sich die Sperrzeit vermeiden?
Mit einer Gestaltung des Aufhebungsvertrags durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wird eine Sperrzeit mit großer Sicherheit vermieden. Ob dabei schon die Formulierung einer Begründung für die Beendigung im Aufhebungsvertrag ausreicht, hängt von den Umständen der Beendigung und der Höhe der Abfindung ab. Bei arbeitsgeberseitiger Kündigung kann die Sperrzeit sowohl durch eine Abwicklungsvereinbarung als auch durch eine gerichtliche Dokumentation Einigung in einem Kündigungsschutzverfahren vermieden werden. Sie sollten sich für nähere Auskünfte hierzu an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden.