Seit Einführung der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) im Januar 2023 sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsdaten ihrer gesetzlich versicherten Beschäftigten elektronisch bei der Krankenkasse abzurufen.
Hierzu können sich die Arbeitgeber direkt bei der Krankenkasse durch elektronischen Datenabgleich über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit (AU) sowie Zeiten eines stationären Krankenhausaufenthalts des gesetzlich versicherten Arbeitnehmers informieren.
Gleichzeitig entfällt für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer damit die Pflicht zur Vorlage einer AUB in Papierform. Die Arbeitnehmer müssen sich aber weiterhin – rechtzeitig – bei ihrem Arbeitgeber als arbeitsunfähig melden.
1. Richtige Anzeige meiner Arbeitsunfähigkeit (AU)
Zeitpunkt der Anzeige – Wann muss ich mich krankmelden?
Bei Erkrankung müssen Sie Ihrem Arbeitgeber Ihre AU und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen. Hierzu sind Sie nach dem Arbeitsvertrag aber auch gesetzlich (nach dem EntgeltfortzahlungsG) verpflichtet. Unverzüglich bedeutet zwar nicht sofort, die Mitteilung sollte aber dennoch so schnell wie möglich erfolgen. Denn Ihr Arbeitgeber kann verlangen, dass die Mitteilung so frühzeitig erfolgt, dass er dies bei seiner Planung des Personaleinsatzes und der Arbeitsabläufe berücksichtigen kann.
Wenn Sie z. B. an einem arbeitsfreien Tag krank werden und absehen können, dass Sie Ihre Arbeit nicht aufnehmen können, dürfen Sie nicht bis kurz vor Arbeitsbeginn mit der Mitteilung warten. Melden Sie sich in diesem Fall bereits im Laufe des ersten Krankheitstages arbeitsunfähig. Erkranken Sie erst am Morgen eines Arbeitstages, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber die AU möglichst noch vor Arbeitsbeginn mitteilen.
Form der Anzeige – wie muss ich mich krankmelden?
Das Gesetz verlangt nicht nur, dass Sie mitteilen, dass Sie arbeitsunfähig sind sondern auch wie lange die AU voraussichtlich dauert. Da Sie als Arbeitnehmer häufig nicht einschätzen können, wie lange Sie (voraussichtlich) arbeitsunfähig sind, hängt der Inhalt Ihrer Mitteilung davon ab, ob Sie bereits bei Ihrem Arzt waren oder nicht. Auch ob Sie überhaupt beabsichtigen, einen Arzt aufzusuchen ist für Ihren Arbeitgeber eine wichtige Information.
Solange Sie selbst davon ausgehen, dass Sie nicht länger als drei Kalendertage arbeitsunfähig sind, können Sie Ihre AU und deren Dauer ohne einen Termin beim Arzt prognostizieren. Hierzu ist ausreichend, wenn Sie Ihren Arbeitgeber über Ihre eigene Bewertung Ihrer Krankheit informieren und deren voraussichtliche Dauer mitteilen.
Ab wann benötige ich eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB)?
Dauert Ihre AU länger als drei Kalendertage, müssen Sie sich von einem Arzt krankschreiben lassen. Diese Krankschreibung leitet der Arzt anschließend elektronisch an Ihre Krankenkasse weiter. Hierüber und über die Dauer der Krankschreibung müssen Sie Ihren Arbeitgeber – weiterhin unverzüglich – informieren. Mit diesen Informationen kann Ihr Arbeitgeber dann die AUB elektronisch bei der Krankenkasse abrufen.
Eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der AU und deren voraussichtliche Dauer ist spätestens am auf die Erkrankung folgenden dritten Tag vorzulegen. Aber Vorsicht, hiermit sind nicht die nicht die Arbeitstage, sondern die Kalendertage gemeint. Werden Sie zum Beispiel an einem Freitag krank, müssen Sie Ihre AU von einem Arzt nicht erst am darauffolgenden Mittwoch, sondern bereits am Montag feststellen lassen.
Melden Sie sich vor dem Arztbesuch arbeitsunfähig, können Sie nur mitteilen, dass Sie sich selbst arbeitsunfähig fühlen und einen Arzt aufsuchen werden. Über die vom Arzt tatsächlich diagnostizierte AU und deren voraussichtliche Dauer müssen Sie nach dem Arztbesuch – erneut – informieren – damit Ihr Arbeitgeber diese Daten bei der Krankenkasse abrufen kann.
Melden Sie sich nach einem Arztbesuch arbeitsunfähig, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer der AU so präzise mitteilen, wie es Ihnen Ihr Arzt mitgeteilt hat. Sie sind aber nicht verpflichtet, die Art Ihrer Erkrankung und deren Ursache mitzuteilen.
Bei wem melde ich mich krank?
Normalerweise weiß man, wer beim Arbeitgeber für Krankmeldungen zuständig ist und wen man darüber informieren muss. Dann ist es auch völlig ausreichend, die Krankmeldung diesem Mitarbeiter, der zur Entgegennahme dieser Information berechtigt ist, mitzuteilen. Wenn nicht anderes ausdrücklich geregelt, sollte immer der direkte Vorgesetzte benachrichtigt werden.
Wenn Sie – nur – einen Telefonisten oder Pförtner über die Krankmeldung informieren, tragen Sie das Risiko, dass die Information rechtzeitig beim zuständigen Vorgesetzten ankommt. Da eine verspätete Mitteilung zu einer Abmahnung führen kann, sollten Sie immer dafür Sorge tragen, dass Sie die Mitteilung Ihren Arbeitgeber oder Vorgesetzten auch erreicht.
2. Nachweis der Arbeitsunfähigkeit (AU)
Da seit 01.01.2023 die AUB elektronisch an die Krankenkasse übermittelt und von dort vom Arbeitgeber abgerufen werden kann müssen gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer eine AUB in Papierform nicht mehr beim Arbeitgeber abgeben.
Für Privatversicherte soll dieses Verfahren im Jahr 2024 ebenfalls eingeführt werden. Bis zur endgültigen Umsetzung sollten privat krankenversicherte Arbeitnehmer beim Arzt noch eine AUB (für Arbeitgeber) in Papierform verlangen und diese dem Arbeitgeber unverzüglich aushändigen oder zukommen lassen.
3. Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit (AU)
Dauert Ihre AU länger als über den zunächst bescheinigten Termin, müssen Sie sich die Fortdauer der AU von Ihrem Arzt erneut bestätigen lassen. Ihr Arzt übermittelt die neuen Daten der neuen AUB wiederum an Ihre Krankenkasse, von wo Ihr Arbeitgeber diese Daten anschließend wieder abrufen kann.
Damit Ihr Arbeitgeber die Daten abrufen kann, müssen Sie Ihren Arbeitgeber über jede Fortdauer der bestehenden Erkrankung aber auch über jede neue Erkrankung in diesem Zeitraum und über deren voraussichtliche Dauer unverzüglich neu informieren. Diese Information sollten Sie Ihrem Arbeitgeber unverzüglich dann mitteilen, wenn Sie von Ihrem Arzt weiterhin krankgeschrieben werden nicht erst mit Ablauf der vorausgehenden AUB.
4. Entgeltfortzahlungszeitraum und Neuerkrankung
Ab wann bekomme ich Krankengeld von der Krankenkasse?
Der Arbeitgeber ist während der AU für die Dauer von bis zu sechs Wochen zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Danach erhält der Arbeitnehmer bei einer Fortdauer der AU Krankengeld von der Krankenkasse für eine Dauer von bis zu 18 Monaten. Der Arbeitsgeber leistet die Entgeltfortzahlung in Höhe von 100% des bisherigen Gehalts, die Krankenkasse leistet Krankengeld üblicherweise in Höhe von 70% des bisherigen Nettogehalts.
Kann ich den Sechs-Wochen-Zeitraum verlängern?
Arbeitnehmer die nach dem Sechs-Wochen-Zeitraum der Entgeltfortzahlung vermeiden wollen, eine geringe Zahlung in Form von Krankengeldes zu erhalten, versuchen oftmals von ihrem Arzt eine AUB aufgrund einer anderen Krankheitsdiagnose, oftmals von weiteren sechs Wochen zu erlangen. Hintergrund ist, dass nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für 6 Wochen bei gleicher Erkrankung ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht und Arbeitnehmer annehmen, bei Krankschreibung wegen unterschiedlicher Krankheiten könnten sie den Eintritt des Krankengelds verzögern. Von dieser Praxis raten wir ab.
Muss der Arbeitgeber länger als sechs Wochen bezahlen?
Arbeitgeber müssen Entgeltfortzahlung über den Zeitraum von sechs Wochen hinaus nur dann bezahlen, wenn die später festgestellte – neue – Diagnose bzw. die dir neuen Arbeitsunfähigkeit zugrunde liegende Krankheit erst nach Ausheilen der zuvor bestehenden Krankheit eingetreten ist. Sollte es hierüber zum Streit kommen, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass er vor der neuen Arbeitsunfähigkeit zwischenzeitliche die Arbeitsfähigkeit wieder erlangt hatte. In der Praxis ist dies dem Arbeitnehmer aber regelmäßig nicht möglich.
Darf der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung verweigern?
Das führt dazu, dass Arbeitgeber oftmals nach Ablauf des Sechs-Wochen-Zeitraums die Zahlung der Entgeltfortzahlung einstellen. Denn Krankmeldungen mit unterschiedlichen Diagnosen und oftmals von unterschiedlichen Ärzten finden meist in einem bereits belasteten Arbeitsverhältnis statt und in diesen Fällen haben Arbeitgeber auch ein Interesse daran, sowohl die Rechtmäßigkeit der verschiedenen Diagnosen als auch ihre Verpflichtung zur evtl. weiteren Entgeltfortzahlung zu klären. Kommt es zum Streit hierüber muss der Arbeitnehmer vor einer weiteren Zahlung des Arbeitgebers außergerichtlich oder in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren nachweisen, dass er vor der Neuerkrankung wieder arbeitsfähig gewesen war. Sonst läuft er Gefahr, dass der Arbeitgeber trotz der unterschiedlichen Diagnosen weiterhin von einer fortgesetzten AU ausgeht und keine weitere Zahlung leistet. Den bei einer – nahtlosen – sog. Fortsetzungserkrankung muss der Arbeitgeber unabhängig von der Dauer der fortgesetzten Erkankung und ungeachtet verschiedener Krankheitsdiagnosen Entgeltfortzahlung nur für die ersten sechs Wochen leisten.
Dies kann sogar dann gelten, wenn zwischen dem Ende der ersten AU und dem neuen Zeitraum der AU aufgrund einer neuen – abweichenden – Diagnose ein Wochenende liegt. Selbst dann muss der Arbeitnehmer im Streitfall nachweisen, dass die zweite Krankheitsursache nicht bereits vor dem Wochenende, d.h. bereits im Zeitraum der ersten AU während der vorausgehenden Diagnose, vorgelegen hatte.
Der Arbeitgeber bezahlt keine Lohnfortzahlung, was tun?
Grundsätzlich ist daher von Experimenten abzuraten, gemeinsam mit dem Arzt mittels wechselnder Diagnose den Entgeltfortzahlungszeitraum über den Zeitraum von sechs Wochen zum Nachteil des Arbeitgebers hinaus zu verlängern. Arbeitsrechtlich erfahrene oder gut beratene Arbeitgeber stellen die Entgeltfortzahlung nämlich oft nach den ersten sechs Wochen ein und überlassen es dem Arbeitnehmer die ausstehende Vergütung in Form der Entgeltfortzahlung dann ggfls. beim Arbeitsgericht einzuklagen. Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitnehmer dann sämtliche Diagnosen offenlegen, um seinen – zusätzlichen – Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu begründen. Und diese Offenlegung der jeweiligen Krankeitsursachen, die den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zugrunde liegen, ist regelmäßig nicht im Sinne des Arbeitnehmers.
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